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Alternaria-Pilze auf Lebensmitteln

Wodurch wird die Mykotoxinbildung beeinflusst?

Ein erheblicher Teil der jährlichen Welternte ist mit Schimmelpilzgiften, sogenannten Mykotoxinen, belastet und sollte darum verworfen werden. Es ist absehbar, dass die Ausbreitung und Widerstandsfähigkeit von Schimmelpilzen die Lebensmittelproduktion und die Gesundheit der Verbraucherinnen und Verbrauchern in Zukunft zunehmend beeinträchtigen werden. Nicht zuletzt führen die Klimaveränderungen zu verstärktem Befall der Ernte durch schädliche Organismen.

Wichtige Pilzschädlinge auf Nutzpflanzen sind insbesondere Vertreter der Spezies Fusarium, Aspergillus und Alternaria. Neben der toxischen Wirkung, der von diesen Pilzgattungen häufig gebildeten Mykotoxine, gelten Sporenproteine von Schwärzepilzen wie Alternaria als starke Antigene und können bei Verzehr oder wiederholtem Kontakt durch Einatmen und Berührung sogenannte „mykogene Allergien“ auslösen. Nur durch umfassende wissenschaftliche Forschung können bisher noch offene Fragen zur genetischen Regulation der Mykotoxinbildung in Alternaria Pilzspezies beantwortet werden. Auf Grundlage der Untersuchungen des MRI und anderer Forschungsinstitutionen können zukünftig wissenschaftsbasierte gesetzliche Grenzwerte empfohlen werden.

Pilze der Gattung Alternaria verursachen unter anderem auf Äpfeln, Trauben, Zwiebeln, Tomaten, Kartoffeln, Zitrusfrüchten, sowie verschiedenen Getreidesorten ca. 400 verschiedene Pflanzenkrankheiten. Eine Kontamination mit Mykotoxinen durch Alternaria-Befall erfolgt sowohl bereits auf dem Feld, als auch nach der Ernte, das heißt während der Lagerung von Nahrungsmitteln oder Vor-Produkten unter Bedingungen, die Pilz-Wachstum und Mykotoxinbildung begünstigen. Mehr als 70 Giftstoffe, die durch Pilze der Gattung Alternaria produziert werden und der Gesundheit von Mensch und Tier schaden können, sind bisher bekannt.

Das breite Wirtsspektrum einiger Alternaria-Arten ist ein Hinweis auf die hohe Anpassungsfähigkeit dieser Pilzgattung. Die Fähigkeit zu überleben und sich an einen Wirt anzupassen, hängt dabei ganz wesentlich von der Kapazität einer Pilzart zur Biosynthese eines möglichst breiten Metaboliten Spektrums ab. Eine aktuelle Hypothese ist daher, dass Sekundärmetaboliten als biochemischer „Werkzeugkasten“ des produzierenden Mikroorganismus fungieren, der dessen Widerstands- und Adaptionsfähigkeit auf einem Wirt oder Lebensraum unterstützt und fördert.

Vor diesem Hintergrund ist es sinnvoll, dass physikalisch-chemische Einflussfaktoren wie Licht, pH-Wert, Temperatur, Substratzusammensetzung und Wasseraktivität, die einen großen Einfluss auf das Wachstum und den Stoffwechsel filamentöser Pilze haben, auf zellulärer Ebene stark kontrolliert sind. In diesem Zusammenhang wird am Institut für Sicherheit und Qualität bei Obst und Gemüse untersucht, ob Alternaria-Isolate, die an ein bestimmtes Habitat angepasst sind, über eine spezifische genetische Ausstattung zur Biosynthese von Sekundärmetaboliten verfügen, die es ihnen beispielsweise ermöglicht lebensfeindliche Bedingungen gezielt zu kompensieren und mit anderen Mikroorganismen zu konkurrieren.  

Tomaten und Äpfel, sowie Getreidesorten wie bspw. Weizen sind typische Substrate für Alternaria. Diese Pflanzen stellen entweder trockenere (Weizen) oder feuchtere (Tomaten, Äpfel) Lebensräume dar. Alternaria wächst in beiden Fällen gut, was eine erfolgreiche Anpassung an Trockenstress voraussetzt. Bisherige Forschungsarbeiten des Max Rubner-Instituts zeigten einen starken Einfluss der Wasseraktivität, also des in einem Lebensmittel verfügbaren Wassers, auf das Wachstum und die Mykotoxinbildung von Alternaria alternata. Der Einfluss auf weitere lebensmittelrelevante Mykotoxine, wie Altertoxin und Tenuazonsäure, wird aktuell umfassend untersucht. Es ist zu erwarten, dass sich A. alternata-Isolate von Obst und Gemüse, im Vergleich zu Isolaten die auf relativ trockenen Wirtspflanzen, wie Weizen und anderem Getreide vorkommen, unterschiedlich an verschiedene Feuchte-Bedingungen anpassen. Frühe Arbeiten des Max Rubner-Instituts auf dem Thema Alternaria, später auch in Zusammenarbeit mit dem KIT (Karlsruher Institut für Technologie), zeigten außerdem, dass das von A. alternata gebildete Mykotoxin Alternariol dem Pilz hilft, Tomaten leichter zu besiedeln.  

Andere Faktoren oder Metaboliten die zur Pathogenität und Virulenz von Alternaria beitragen, sind bisher wenig untersucht. Häufig hängt die Toxinbildung nicht direkt mit der Wachstumsrate zusammen, Pilzwachstum allein kann folglich nicht als Marker für eine aktive Mykotoxinbildung fungieren. Andererseits wird die Pathogenität vieler Pilzarten mit der Ausscheidung bestimmter Sekundärmetaboliten assoziiert. Eine spannende Entdeckung ist, dass Alternariol und auch weitere Mykotoxine durch den Pilz selbst weiter verstoffwechselt und damit „maskiert“ werden können. Im aktuellen Projekt wird das dafür verantwortliche Gen, eine mögliche Sulfotransferase, im Genom von Alternaria identifiziert und charakterisiert. Über ein Ausschalten dieses Gens durch Anwendung molekularbiologischer Methoden wird die funktionelle Bedeutung der Sulfatierung von Alternariol bei der Interaktion des Pilzes mit der Pflanze untersucht. In dem Projekt wird zudem Altertoxin betrachtet, das von Alternaria bspw. auf Tomaten und Äpfeln gebildet wird und  möglicherweise eine ähnlich wichtige Rolle spielt wie Alternariol.

Das Institut für Sicherheit und Qualität bei Obst und Gemüse nimmt sich der hier dargestellten Forschungsfragen in einem multidisziplinären Ansatz an und erweitert damit die Datenbasis, um eine bessere Risikobewertung und fundierte Politikberatung zu diesem Thema zu ermöglichen. Auf Basis der Ergebnisse werden dabei unter anderem nachhaltige, biologische Präventionsstrategien gegen Pilzerkrankungen entwickelt.