Direkt zur Hauptnavigation springen Direkt zum Inhalt springen

Kompetenzzentrum Bakteriophagen

Aufgabe des Bakteriophagen Kompetenzzentrums ist die grundlagenbasierte und anwendungsorientierte Erforschung von Bakteriophagen („Bakterienfresser“, kurz: Phagen) im Lebensmittelsektor. Phagen sind Viren, die ausschließlich Bakterien infizieren und somit eine große Bedeutung in einer Vielzahl lebensmittelverarbeitender Prozesse einnehmen können. Im Rahmen institutsinterner Forschung, sowie zahlreichen nationalen und internationalen Kooperationen mit Instituten aus Wissenschaft und Industrie, wird am Kompetenzzentrum daran gearbeitet, die biologische und taxonomische Vielfalt der Phagen zu verstehen und dadurch praxisrelevante Erkenntnisse zu gewinnen. Es geht darum, den potenziellen Nutzen der Phagen in der Lebensmittelerzeugung ebenso wie deren potenzielle Schadwirkung abschätzen zu können. Die Charakterisierung und phylogenetische Einordnung der Phagen erfolgten dabei mit verschiedenen mikrobiologischen, molekularbiologischen und physikalischen Verfahren.

Als nachteilig ist die Anwesenheit bestimmter Phagen in der fermentationsbasierten Lebensmittelverarbeitung, beispielsweise von Milch zu Käseprodukten, zu bewerten. Die Fermentation beruht auf der Ansäuerung und Verdickung der Milch mit Hilfe von Milchsäurebakterien. Der Eintrag von bestimmten Phagen während dieses Prozesses kann zum Absterben der Bakterien führen und so Produktionsausfälle verursachen. Um dem entgegenzuwirken, werden im Rahmen von Monitoringstudien die biologische und taxonomische Diversität von produktionsstörenden Phagen analysiert. Das Verständnis für die Infektionsdynamik von Phagen und Bakterien in kontaminierten Produktchargen ermöglicht außerdem die Entwicklung von effektiven und gezielten Präventions- und Abwehrstrategien, um den Fermentationsprozess robuster gegenüber unerwünschten Phagen zu konzipieren.

Ein weiterer Forschungsschwerpunkt ist der gezielte Einsatz von Bakteriophagen gegen lebensmittelassoziierte antibiotikaresistente, pathogene und verderbniserregende Bakterien.  In fast jedem Bereich der Lebensmittelerzeugung kann es zur Kontamination mit Bakterien kommen, die bei Verzehr der Produkte Krankheiten verursachen können oder zu einem frühzeitigen Verderb führen. Phagen werden hier zunehmend als sichere und natürliche Alternative gehandelt, um entsprechende Lebensmittel und somit die Verbraucherinnen und Verbraucher schützen zu können. Dabei wird sowohl die direkte Anwendung der Phagen auf und in den Lebensmitteln, als auch auf Oberflächen bzw. Equipment in Erzeugerbetrieben bewertet. Grundlage für den Einsatz im Lebensmittelsektor ist das extrem enge Wirtsspektrum der meisten Phagen: ein Phage ist in der Lage nur wenige bakterielle Spezies zu infizieren. Dadurch ist es möglich unerwünschte Bakterien gezielt zu eliminieren, wobei die gewünschte Flora (z.B. Milchsäurebakterien) unberührt bleibt. Der Einsatz von Phagen als Biokontrollagenzien ist in Deutschland noch keine gängige Praxis. Die Forschungen am Kompetenzzentrum dienen daher der Akquise neuer Daten, um neue Einblicke in die Sicherheit und Effizienz der Nutzung von Phagen zu erhalten.

Um die direkte Interaktion von Phagen mit dem Menschen besser zu verstehen, forscht das Kompetenzzentrum zudem am Vorkommen von Phagen im menschlichen Darm. Phagen gehören zu der Organismen-Gruppe auf der Erde, die am häufigsten auftreten. Ihre Wechselwirkung mit bakteriellen Wirten hat daher einen massiven Einfluss auf eine Vielzahl von Ökosystemen – so auch im System „menschlicher Darm“. Das Kompetenzzentrum beteiligt sich mittels Sequenz- und Metagenomanalysen innerhalb mehrerer Kooperationen an diesen Forschungen.