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Kosten-Nutzen-Analyse zur Verringerung der Campylobacteriose in Deutschland

Die Campylobacteriose, ausgelöst durch für den Menschen pathogene Campylobacterspp., ist nach wie vor die häufigste bakterielle meldepflichte Erkrankung in Deutschland. Zwischen 45.000 und 75.000 Fälle werden in Deutschland jährlich gemeldet (Abbildung 1). Hinzu kommen noch einmal vier- bis neunmal so viele Erkrankungen, die nicht erfasst werden (Dunkelziffer).

Das Krankheitsbild ist das einer akuten Enteritis mit Durchfällen, Bauchschmerzen, Fieber, Erbrechen und/oder blutigem Stuhl. In einigen Fällen treten nach der Infektion Folgeerkrankungen auf, darunter die reaktive Arthritis, das Guillain-Barré-Syndrom, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen und das Reizdarmsyndrom.

Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) schätzt, dass 30 bis 50 % der Campylobacteriose-Fälle in Europa auf den Verzehr und die Verarbeitung von Hähnchenfleisch zurückzuführen sind. Eine Reduktion der Campylobacter-Kontamination auf Hähnchenfleischwird daher als geeigneter Ansatzpunkt für die Prävention dieser lebensmittelassoziierten Krankheit angesehen.

Im Rahmen eines Pilotprojekts wird daher die Kosteneffektivität verschiedener Interventionsmaßnahmen in der Lebensmittelkette zur Reduktion des Campylobacter-Vorkommens auf Hähnchenfleisch in Deutschland evaluiert. Basierend auf den Empfehlungen der EFSA werden in einer Kosten-Nutzen-Analyse i) die anfallenden Investitionskosten sowie die einsparbaren Krankheitskosten der Campylobacteriose und ihren Folgeerkrankungen und ii) der Nutzen in Form einer verringerten Krankheitslast gegenübergestellt (Abbildung 2).

Die Ermittlung der Kosten für die Einführung und Umsetzung definierter Interventionsmaßnahmen liegt im Aufgabenbereich des Projektpartners Thünen-Institut, Institut für Betriebswirtschaft.

Die jährlichen Krankheitskosten der Campylobacteriose und ihren Folgeerkrankungen in Deutschland sind unbekannt und werden im Rahmen des Projekts erstmalig für Deutschland bestimmt. Zu den Krankheitskosten aus gesellschaftlicher Sicht zählen sowohl Kosten, die direkt aufgrund der medizinischen Behandlung der Campylobacteriose oder der Folgeerkrankungen anfallen, als auch die sogenannten indirekten Kosten, die den Produktivitätsverlusten aufgrund von erkrankungsbedingten Arbeitsausfällen entsprechen.

Die Krankheitslast lässt sich in Form der DALY (disability adjusted life years) quantifizieren: Berücksichtigt werden hierbei die Lebensjahre, die mit einer Erkrankung verbracht werden oder aufgrund einer vorzeitigen Sterblichkeit verloren gehen. Für das Jahr 2014 wurde die Krankheitslast der Campylobacteriose in Deutschland auf 8.800 DALY geschätzt, von denen ca. 7.800 DALY auf Folgeerkrankungen zurückzuführen waren (Lackner et al. 2019).

Die abschließende Gegenüberstellung der Kosten und Nutzen einzelner Interventionsmaßnahmen schafft die Grundlage für eine evidenzbasierte und fundierte Folgenabschätzung im Vorfeld einer möglichen Rechtssetzung im Zusammenhang mit der Campylobacteriose in Deutschland.

 

Wissenschaftliche Publikationen

Schorling E, Lick S, Steinberg P, Brüggemann DA: Health care utilizations and costs of Campylobacter enteritis in Germany: A claims data analysis. PLoS One 2023,18(4):e0283865. doi: 10.1371/journal.pone.0283865

Schorling E, Knorr S, Lick S, Steinberg P, Brüggemann DA: Probability of sequelae following Campylobacter spp. infections: Update of systematic reviews and meta‐analyses. Public Health Challenges 2023, 2(4):e145. doi: 10.1002/puh2.145