Was hindert Familien an einer gesünderen Ernährung?

Bekanntheit und Umsetzung des Konzepts der Optimierten Mischkost
Welche Ernährungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche sind Eltern bekannt? Wie lassen sie sich im Alltag umsetzen? Was hindert Familien gegebenenfalls an einer gesünderen Ernährung? Antworten auf diese Fragen liefert eine Studie des Instituts für Kinderernährung am MRI. Sie ist Teil des übergeordneten Projekts „Lebensmittelbezogene Ernährungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche in Deutschland“.
Die Studie fokussiert auf das Konzept der Optimierten Mischkost, das Empfehlungen für eine ausgewogene Ernährung im Kindes- und Jugendalter beinhaltet. Es wurde in den 1990er Jahren entwickelt und zuletzt 2017 aktualisiert. Aktuelle Forschungsergebnisse zeigen jedoch, dass der tatsächliche Lebensmittelverzehr bei Kindern und Jugendlichen häufig von diesen Ernährungsempfehlungen abweicht. Die Studie am MRI zielt unter anderem darauf ab, die Ursachen hierfür zu finden.
Mixed-Methods-Studie: Online-Befragung und Interviews
In einer Mixed-Methods-Studie wurden quantitative und qualitative Forschungsmethoden miteinander kombiniert. Für den quantitativen Studienteil wurden Eltern aus der Region Mittlerer Oberrhein über Kitas, Schulen und Vereine rekrutiert. Mittels einer Online-Befragung wurden die Daten von 261 Müttern und Vätern erhoben. Dabei wurde erfasst, ob die Eltern das Konzept der Optimierten Mischkost sowie die darin enthaltenen Ernährungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche kennen. Der Fragebogen richtete sich an denjenigen Elternteil, der im Haushalt hauptsächlich für den Einkauf und die Essenszubereitung zuständig ist. An die Online-Befragung schloss sich ein qualitativer Studienteil an, mit einer dreiwöchigen Anwendungsphase und anschließenden persönlichen Interviews.
Im Zeitraum der Anwendungsphase sollten 20 Familien die Optimierte Mischkost in ihrem Alltag so gut wie möglich umsetzen. Aus allen Familien, die ihr Interesse an einer Teilnahme bekundet hatten, wurde eine möglichst heterogene Stichprobe in Bezug auf verschiedene Faktoren ausgewählt, darunter Alter und Geschlecht der Eltern beziehungsweise Kinder und Jugendlichen, das familiäre Haushaltsnettoeinkommen und der Bildungsgrad des teilnehmenden Elternteils. Für die Anwendungsphase erhielten die Familien eine Broschüre mit den Ernährungsempfehlungen und ein darauf abgestimmtes Rezeptheft.
In den anschließenden qualitativen Interviews wurden die Mütter oder Väter dieser 20 Familien zu ihren Erfahrungen während der Anwendungsphase befragt. So wurde ermittelt, wie sich die Ernährungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche im Alltag umsetzen ließen und welche Hindernisse gegebenenfalls einer Umsetzung im Weg standen.
Ernährungsempfehlungen im Familienalltag oft schwierig umzusetzen
Erste Auswertungen der Online-Befragung zeigen, dass nur etwa elf Prozent der Mütter und Väter das Konzept der Optimierten Mischkost kennen. Die darin enthaltenen Ernährungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche sind hingegen häufiger bekannt: Im Durchschnitt konnten etwa 65 Prozent der Wissensfragen zu den Empfehlungen korrekt beantwortet werden. Diese Ergebnisse lassen sich jedoch nicht ohne Weiteres auf die Gesamtbevölkerung übertragen. Aufgrund der unterschiedlichen Teilnahmebereitschaft in verschiedenen Bevölkerungsgruppen ist ein Selektionseffekt nicht auszuschließen. So verfügen Eltern, die an der quantitativen Befragung teilgenommen haben, insgesamt über eine vergleichsweise höhere Bildung und ein überdurchschnittliches Einkommen.
Vorläufige Auswertungen der persönlichen Interviews zeigen, dass das Konzept der Optimierten Mischkost im Familienalltag häufig schwierig umzusetzen ist – und zwar auch dann, wenn Eltern über das Wissen über die aktuellen Ernährungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche verfügen. Die befragten Mütter und Väter nahmen bei der Umsetzung vielfältige Barrieren wahr. Dazu zählen etwa hohe Kosten bestimmter Lebensmittel, ungünstige Essensangebote in Kita oder Schule, niedrige Motivation und Zeitknappheit bei den Eltern sowie variierender Appetit und die Ablehnung bestimmter Lebensmittel bei den Kindern.
Die Ergebnisse legen nahe, dass Informationskampagnen alleine nicht ausreichen, um das tatsächliche Ernährungsverhalten zu verändern. Auf Basis der Ergebnisse können potenzielle Ansatzpunkte der Verhaltensprävention (zum Beispiel verstärkte Aufklärung über die elterliche Vorbildfunktion) und der Verhältnisprävention (zum Beispiel Umsetzung von Qualitätsstandards für die Kita- und Schulverpflegung) identifiziert werden. Wenn sich die Ernährungsempfehlungen für Kinder und Jugendliche durch solche Maßnahmen künftig besser umsetzen lassen, kann dies zur Förderung einer gesunden Kinderernährung in Deutschland beitragen.