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β-Glukan als funktionaler Lebensmittelinhaltsstoff

Meldungen

Studie zu Einflussfaktoren auf die Wirksamkeit

Unter den Ballaststoffen sind die β-Glukane vergleichsweise gut bekannt. Der gesundheitliche Nutzen dieser Inhaltsstoff-Gruppe, deren höchste Gehalte in Hafer und Gerste zu finden sind, wurde wissenschaftlich belegt und ist in einem „Health Claim“ festgehalten. Danach haben β-Glukane sogar das Potenzial Cholesterin zu senken. Zu den Einflussfaktoren auf diese Wirkung forschen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler am MRI.

Unverdauliche Kohlenhydrate werden unter dem Begriff „Ballaststoffe“ zusammengefasst. Der Name, den Max Rubner in Deutschland einführte, stammt von der früher vorherrschenden Annahme, dass diese Verbindungen keinen Nutzen für den Menschen haben, also nur Ballast sind. Wobei der Nutzen von Lebensmitteln damals in einer Zeit des Mangels allein in der Energiezufuhr durch diese gesehen wurde. Inzwischen ist diese eingeschränkte Sichtweise überholt und die Ballaststoffe sind längst als wertvolle Inhaltsstoffe etabliert. Ihnen wird eine entscheidende Rolle zur Aufrechterhaltung der Darmgesundheit und damit auch des gesamten körperlichen Wohlbefindens zugeordnet. Laut einer Empfehlung der europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde (EFSA) sollten Erwachsene täglich mindestens 25 Gramm (besser 30 Gramm) Ballaststoffe aufnehmen, um eine gesunde Darmtätigkeit zu erhalten. Da dieser Wert aber von einem Großteil der Bevölkerung nicht erreicht wird, arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, ebenso wie die Lebensmittelwirtschaft daran, dies zu ändern.

Eine Gruppe von Ballaststoffen, zu denen viel geforscht wird, sind die β-Glukane aus Getreide. Die höchsten Gehalte an β-Glukanen sind in Gerste und Hafer zu finden. Dabei handelt es sich um eine heterogene Gruppe von Nicht-Stärke-Polysacchariden. Sie bestehen aus Glukoseeinheiten, die anhand ihrer intramolekularen Verknüpfungen aus β-(1-3)- und β-(1,4)-glykosidischen Bindungen klassifiziert werden. Am häufigsten finden sich Untereinheiten aus drei bis vier β-(1,4)-verknüpften D-Glucose-Monomeren, die Cellotriosyl- und Cellotetraosyl-Oligosaccharide bilden. Das Mengenverhältnis dieser beiden Untereinheiten zueinander wird auch als molares Verhältnis bezeichnet. Die einzelnen Untereinheiten sind durch β-(1,3)-Bindungen verbunden und bilden lange lineare Polysaccharidketten.

Das besondere Interesse an den β-Glukanen ergibt sich aus deren nachgewiesenermaßen besonders hohen gesundheitsfördernden Potenzial. Zahlreiche Studien zeigten bereits, dass β-Glukane zur Senkung des LDL-Cholesterinspiegels und der Verringerung der glykämischen Reaktion nach der Nahrungsaufnahme beitragen. Damit können β-Glukane helfen das Risiko eines Herzinfarktes und von Fettleibigkeit zu verringern. Nach wissenschaftlicher Prüfung der Studien wurde für β-Glukane ein sogenannter Health Claim zugelassen. Danach wird von der EFSA als nachgewiesen betrachtet, dass Lebensmittel, über die täglich mindestens 3 g β-Glukan aus Hafer oder Gerste aufgenommen werden können, zu einer Senkung des Cholesterinspiegels beitragen. Darum dürfen solche Produkte mit dem „Health Claim“, „Beta-Glukane tragen zur Aufrechterhaltung eines normalen Cholesterinspiegels im Blut bei“, beworben werden. Weitere strukturelle Eigenschaften, wie die molare Masse, das molare Verhältnis oder die Löslichkeit der β-Glukane spielen für den Health Claim aber bislang keine Rolle. Jedoch konnte bereits in verschiedenen Studien gezeigt werden, dass diese Eigenschaften des β-Glukans einen Einfluss auf die gesundheitsfördernden Wirkungen haben. So bewirkt beispielsweise eine hohe molare Masse die Bildung eines hochviskosen Gels im Darm, was mit einer verringerten Aufnahme freier Gallsäuren in Verbindung gebracht wird. Infolgedessen wird die körpereigene Synthese von Gallsäuren angeregt, wobei Cholesterin verbraucht wird. Aufgrund der hohen Komplexität der Wechselwirkungen zwischen Struktur und Funktion des β-Glukans konnten die Zusammenhänge bisher noch nicht vollständig aufgeklärt werden. Obwohl bekannt ist, dass die molare Masse einen Einfluss auf die Funktionalität hat, sind nähere Details noch weitestgehend ungeklärt. Es ist jedoch hinreichend bekannt, dass sich Eigenschaften wie molare Masse und Löslichkeit während der Lebensmittelherstellung und Lagerung stark verändern können. Um dennoch eine Auslobung der gesundheitsfördernden Eigenschaften des β-Glukan zu ermöglichen, bezieht sich der Health Claim ausschließlich auf den Gehalt an β-Glukan.

Die Berücksichtigung der strukturellen Eigenschaften von β-Glukan bei der Bewertung der gesundheitsfördernden Eigenschaften ist weiter erschwert, da bisher Studien zur durchgehenden Nachverfolgung des β-Glukans vom Rohstoff über das verarbeitete Lebensmittel bis hin zum Verdauungstrakt fehlten. In einem aktuellen Projekt über sechs Monate, im Rahmen einer wissenschaftlichen Abschlussarbeit, haben Forscherinnen und Forscher des Institutes für Sicherheit und Qualität bei Getreide des Max Rubner-Institutes diesen Verlauf modellhaft dargestellt und damit einen Beitrag zum Schließen dieser Wissenslücke geleistet. Dazu wurden zwei Gersten-β-Glukane mit divergierenden molaren Massen (170 und 960 Kilodalton (kDa)) und molaren Verhältnissen zur Anreicherung verwendet und mit Weizenbrot ohne Zugabe von β-Glukan verglichen. Zunächst wurden die technologischen Auswirkungen der unterschiedlichen β-Glukane auf das damit hergestellte Brot und besonders auf die Krumeneigenschaften untersucht. Dabei zeigte sich, dass die zugegebene Menge an β-Glukan, nicht aber die molekularen Eigenschaften, einen großen Einfluss auf das Gebäckvolumen und die Krumeneigenschaften hat. Insgesamt konnte gezeigt werden, dass mit zunehmendem β-Glukangehalt das Gebäckvolumen abnimmt und die Krumenfestigkeit zunimmt. Die Bestimmung des β-Glukangehaltes in den Broten ergab ebenfalls nur geringfügige Unterschiede zwischen den beiden verwendeten β-Glukanen. Es ist jedoch bemerkenswert, dass 30 bis 40 Prozent des eingesetzten β-Glukans während der Brotherstellung durch enzymatische Hydrolyse abgebaut wurden. Dadurch wird bereits eine der Herausforderungen in der Verwendung von β-Glukan als funktionaler Lebensmittelinhaltsstoff deutlich, denn ein partieller Abbau während der Lebensmittelherstellung ist kaum zu vermeiden. Im Zuge der qualitativen Betrachtung der im Brot enthaltenen β-Glukane hat sich allerdings eine verstärkte Reduktion der molaren Masse des ursprünglich 170 kDa schweren β-Glukan gezeigt.

Anschließend wurden die Weizenbrote einem stark vereinfachten modellhaften in vitro Verdauungs-Prozess (Verdau) unterzogen. Dabei wurden die Auswirkungen dieser verstärkten Hydrolyse deutlich. So konnten nach diesem Prozess nur weniger als zehn Prozent des eingesetzten β-Glukans mit einer ursprünglichen molaren Masse von 170 kDa und geringerem molarem Verhältnis wiedergefunden werden. Die molare Masse hatte sich auf rund 10 kDa verringert. Infolgedessen war die Viskosität des flüssigen Überstandes nach dem Verdau-Prozess und die Bindung der Gallsäuren vergleichbar mit dem Standardweizenbrot ohne β-Glukan. Im Gegensatz dazu konnten rund 40 Prozent des eingesetzten höher molekularen β-Glukan (ursprünglich 960 kDa) nach dem Verdau im Überstand wiedergefunden werden. Die molare Masse betrug nach der Brotherstellung und dem Verdau noch 680 kDa. Dadurch zeigte dieser Überstand eine deutlich erhöhte Viskosität und verbesserte Bindung der freien Gallsäuren, verglichen mit dem Weizenbrot ohne Zusatz von β-Glukan.

Die erzielten Ergebnisse bestätigen die vorhandenen Studien und zeigen, dass neben der Menge an β-Glukan auch die strukturellen Eigenschaften beachtet werden müssen, um eine maximale gesundheitsfördernde Wirkung im Lebensmittel zu erzielen. Es konnte bestätigt werden, dass es beim Herstellungsprozess, vom Rohstoff zum Lebensmittel, zu einer Verringerung der β-Glukankonzentration und molaren Masse kommt. Zudem zeigen die Ergebnisse, dass dies umso deutlicher ausfällt je kleiner die molare Masse des β-Glukan und sein molares Verhältnis sind. Um die Ergebnisse zu bestätigen sind aber weiterführende Untersuchungen, einschließlich Humanstudien nötig.

Wissenschaftliche Publikation (engl.)

Schmidt M, Sciurba E, Nikolay S, Hüsken A, Smit I. Relevance of β-Glucan Molecular Properties on Its Suitability as Health Promoting Bread Ingredient. Nutrients. 2022; 14(8):1570. https://doi.org/10.3390/nu14081570

 

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