Sensorische Optimierung von Natrium-reduziertem Schnittkäse

Würzig, aber nicht salzig
Käse ist eine bedeutende Aufnahmequelle von „verstecktem“ Salz in der menschlichen Ernährung. Es dient zum Würzen, hat daneben aber auch großen Einfluss auf die Käsereifung und die Haltbarkeit. Einfach Weglassen ist darum keine Option. Die handelsüblichen Salzaustauschstoffe verändern jedoch den Geschmack. Ziel eines kürzlich abgeschlossenen Projekts am Max Rubner-Institut war es, den Natriumgehalt von Schnittkäse um mindestens ein Drittel zu senken, ohne dass sich die sensorischen Eigenschaften signifikant verändern. Die Untersuchungen an einer flüssigen Käsegeschmacksmatrix und einem nicht reifenden Modellkäse halfen im Projekt, den Einfluss von lebensmittelrechtlich konformen Mineralsalzsubstituten auf die Ausprägung und Wahrnehmung unerwünschter sensorischer Eigenschaften zu prüfen. Und das mit Erfolg: Das Reduktionsziel wurde für Gouda erreicht.
Im Rahmen eines Forschungsprojektes mit Partnern aus Lebensmittelproduktion und Wissenschaft konnte am MRI gezeigt werden, dass eine moderate Senkung des Salzgehaltes in Schnittkäse ohne Einbußen bei Qualität und Geschmack möglich ist.
Eine Reduktion der Natriumzufuhr, das meist als Natriumchlorid (NaCl, Kochsalz) aufgenommen wird, ist ein wesentlicher Faktor in der Prävention von Bluthochdruck und Herz-Kreislauf Erkrankungen Mit rund 10 Prozent ist Käse die drittgrößte Aufnahmequelle für Salz und damit für Natrium (Nationale Verzehrsstudie ll, MRI, 2008), wobei ein typischer Schnittkäse 1,3-2,4 Prozent Natriumchlorid, das entspricht 0,5-0,8 Prozent Natrium, enthält. Salz kann jedoch nicht einfach reduziert werden, da es bei der Käseherstellung eine komplexe Rolle spielt. Es wirkt als Barriere gegen pathogene und Verderbnis erregende Bakterien und kontrolliert die Aktivität der Starterbakterien und der Reifungskulturen. Ebenso werden die Aktivität von Enzymen während der Reifung und die Texturausbildung beeinflusst und nicht zuletzt trägt das Salz zum Geschmack bei, der unmittelbar mit der Verbraucherakzeptanz in Verbindung steht.
Dem Thema Salzreduktion in Käse widmeten sich die Institute für Sicherheit und Qualität bei Milch und Fisch und Mikrobiologie und Biotechnologie von 2021 bis 2024 in einem gemeinsamen Projekt, das über die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) im Rahmen des Programms zur Innovationsförderung (Förderkennzeichen 281A601A19) gefördert wurde. Ziel in diesem Projekt war, bei in Folie gereiftem Gouda unter Erhaltung der sensorischen Eigenschaften den Natriumgehalt auf unter 0,5 % (< 1,2 % NaCl) zu reduzieren. Dazu dienten verschiedene Kalium-basierte NaCl-Ersatzprodukte sowie Kaliumchlorid (KCl) in Kombination mit NaCl. Zu berücksichtigen war, dass Kaliumchlorid einen bitter-metallischen Fehlgeschmack erzeugt. Da auch bestimmte Peptide einen bitteren Geschmack verursachen, sollte der Einfluss der verschiedenen Salze auf das Peptidspektrum ebenfalls untersucht werden.
Im Projekt wurde ein zeitsparender Weg beschritten, da Schnittkäse nach Gouda-Art frühestens nach fünfwöchiger Reifung umfassend sensorisch charakterisiert werden kann. Der Einfluss von verschiedenen Salzaustauschstoffen auf den Geschmack wurde zunächst in einer flüssigen Käsegeschmacksmatrix , dann in einem Modellkäse und erst dann am Käse untersucht. Nach umfangreichen Versuchen im Technikum des Instituts für Sicherheit und Qualität bei Milch und Fisch wurde prozessoptimierter Gouda mit den am besten geeignetsten Salzersatzstoffen auch im industriellen Umfeld im Käserei-Technikum des Verbundpartners DMK Deutsches Milchkontor GmbH (Bremen) hergestellt. Alle hergestellten Schnittkäse nach Gouda Art wurden chemisch-physikalisch, mikrobiologisch und sensorisch sowie auf ihre Peptidstruktur untersucht. Weiterer Verbundpartner war die Firma Jungbunzlauer International AG, die das Projekt mit der Lieferung und dem Knowhow über Salzersatzstoffe unterstütze.
In einem weiteren Arbeitspaket wurde der Verfahrensablauf angepasst und spezielle Gerinnungsenzyme und Reifungskulturen der Firma Novonesis aus Nienburg genutzt, um trotz niedrigem Natriumgehalt und Folienreifung eine ausreichende Aromabildung während der Reifung zu erzielen.
Es konnte gezeigt werden, dass es möglich ist, mit geeigneter Kombination von Salzaustauschstoffen im Salzbad den Natriumgehalt um mehr ein Drittel zu reduzieren ohne dass es zu geschmacklichen Veränderungen im Käse nach Gouda-Art kam.
Die aktuellen Ergebnisse werden nun dem Fachpublikum vorgestellt Die Erkenntnisse aus dem Projekt sind eine gute Basis für Unternehmen der Milchindustrie – und wenn die Reduktion gelingt gut für die Verbraucher. Nach Zulassung in der EU (Natriumgluconat wird bisher nur bei Fleisch- und Wurstwaren eingesetzt) könnten Unternehmen mit vergleichsweise geringen investiven und technischen Mitteln zeitnah den Salzgehalt von Gouda reduzieren und die Erkenntnisse auch auf andere Schnittkäse übertragen.
