Direkt zur Hauptnavigation springen Direkt zum Inhalt springen

Reifung von Kiwifrüchten

Veränderungen im Metabolom und der Zellwandzusammensetzung

Kiwifrüchte (Actinidia deliciosa) erfreuen sich großer Beliebtheit. Die Früchte der mehrjährigen Schlingpflanze werden in den Herkunftsländern - meist Italien, Neuseeland und Chile - voll entwickelt, aber unreif geerntet. Anschließend können sie lange Transportwege für den Export überstehen und gelangen erst im Zielland zur Reife. Eine gleichmäßige Nachernte-Reifung und eine gute Lagerfähigkeit sollen durch definierte Erntekriterien wie Brix-Wert und Fruchtfleischfestigkeit erreicht werden. Typische Veränderungen während der Reifung betreffen vor allem Zucker und Zuckerverbindungen sowie organische Säuren, aber auch die Zellwandzusammensetzung und das Aroma. Die von  Verbraucherinnen und Verbrauchern erwartete Qualität hinsichtlich des Geschmacks und der Festigkeit zu erreichen ist nicht einfach: ein Teil der Früchte verharrt nach dem Kauf in einem unreifen Zustand, während andere Früchte schnell die Verzehrsreife erreichen. Warum sich die Früchte so unterschiedlich verhalten, ist bisher nicht geklärt. Bekannt ist, dass das sowohl von der Kiwifrucht selbst als auch von anderen Früchten gebildete flüchtige Pflanzenhormon Ethylen einen großen Beitrag dazu leistet, dass Kiwifrüchte die finale Essreife erreichen. Die Auswirkungen von Ethylen auf den Stoffwechsel der Kiwifrucht sind aber bisher noch nicht vollständig bekannt.

Ziel des Projektes am Institut für Sicherheit und Qualität bei Obst und Gemüse des Max Rubner-Instituts war es, die metabolischen Veränderungen von Kiwis während des Reifungsverlaufes zu charakterisieren. Dazu wurden Kiwifrüchte im Nacherntelager unter kontrollierten Bedingungen zur Reife gebracht und anhand der Fruchtfleischfestigkeit in definierte Reifestadien eingeteilt. Hierbei wurden mithilfe einer Ethylengabe auch überreife Früchte erzeugt und untersucht. Das Metabolom der unterschiedlich reifen Kiwis wurde anschließend am MRI mittels umfassender zweidimensionaler Gaschromatographie (GC×GC-MS) sowie GC-MS und, in Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT, AG Prof. Burkhard Luy, Lehrstuhl für Bioanalytik), mittels NMR analysiert. Zusätzlich wurde eine Bestimmung der Modifikationen der Zellwandpolysaccharide über verschiedene chromatographische Ansätze (Arbeitsgruppe von Prof. Mirko Bunzel, Institut für Angewandte Biowissenschaften, Lehrstuhl für Lebensmittelchemie und Phytochemie) durchgeführt.

Mithilfe der angewandten analytischen Methoden konnten die Veränderungen des Inhaltsstoffprofils der Kiwifrüchte während der Nacherntereifung detailliert beschrieben werden. Während die Festigkeit der Früchte im Verlauf der Reifung fortlaufend abnahm, fanden auf Ebene der Inhaltsstoffe sowohl erwartete als auch unerwartete Stoffwechselvorgänge statt. Die Zunahme der Gehalte von Zuckern sowie der Abbau von organischen Säuren sind typische Nachernteprozesse, die auch im Verlauf der Reifung der Kiwifrüchte beobachtet wurden. Allerdings handelt es sich bei den Säuren und Zuckern um Stoffklassen, die viele verschiedene Substanzen umfassen. Der Einsatz der ungerichteten Metabolomics-Methoden verdeutlichte, dass sich nicht alle Vertreter einer Stoffklasse gleich verhalten, sondern jede Substanz gemäß ihrer Rolle im Stoffwechsel der Frucht bei Bedarf auf- oder abgebaut wird. Beispielsweise wurden die bekannten Einfachzucker Glucose und Fructose wie erwartet durch den Abbau von Speicherkohlenhydraten freigesetzt, um die Süße der Frucht zu steigern. Die Saccharose-Gehalte blieben konstant, vermutlich weil sich ein Gleichgewicht zwischen der Bildung von Saccharose durch den Stärkeabbau und die Spaltung der Saccharose in die Einfachzucker Glucose und Fructose einstellte. Der deutliche Anstieg des Disaccharids Trehalose muss ebenfalls im Kontext des Saccharose-Stoffwechsels verstanden werden, da der Metabolit Trehalose-6-phosphat hier eine wichtige regulatorische Rolle ausübt. Im Vergleich dazu wurde Galactinol – ein Zwischenprodukt der Synthese von Speicherkohlenhydraten – im mittleren Reifungsstadium nahezu vollständig abgebaut, da in dieser Phase die polymeren Reservestoffe zunehmend in ihre Bausteine zerlegt wurden. Der Holzzucker Xylose wurde in der mittleren Phase der Reifung verstärkt aus Strukturkohlenhydraten der Zellwände freigesetzt, jedoch anschließend wieder verstoffwechselt. Weiterhin nahmen die Konzentrationen von Äpfelsäure und Bernsteinsäure ab, während die Gehalte der Citronensäure, einer weiteren prominenten Fruchtsäure, konstant blieben. Im Gegensatz dazu konnte freie Galacturonsäure nur in der Endphase der Reifung in der Frucht nachgewiesen werden, da sie erst in den überreifen Früchten in nennenswertem Umfang aus den Seitenkennten der Pektin-Polymere freigesetzt wurde. In dieser Studie wurden zusätzlich Früchte untersucht, die aufgrund eines zu kurzen Kältereizes vor der Reifung den essreifen Zustand nicht erreichten, sondern bis zuletzt eine mittlere Fruchtfleischfestigkeit bewahrten und zugleich zunehmend Wasser verloren. Es konnte gezeigt werden, dass bei diesen Früchten zumindest einige Stoffwechselwege anders reguliert wurden, so dass in der Summe nicht alle zur Erreichung der Vollreife nötigen Prozesse ablaufen konnten.

Die Ergebnisse dieser Studie wurden in der Fachzeitschrift Postharvest Biology and Technology veröffentlicht.

Wissenschaftliche Publikation(en)
C. Mack, D. Wefers, P. Schuster, C. H. Weinert, B. Egert, S. Bliedung, et al., Untargeted multi-platform analysis of the metabolome and the non-starch polysaccharides of kiwifruit during postharvest ripening. Postharvest Biology and Technology 2017 Vol. 125 Pages 65-76
(http://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0925521416304884)