Direkt zur Hauptnavigation springen Direkt zum Inhalt springen

Strategien zur Salzreduktion in Fleischwaren

Herz-Kreislauferkrankungen sind die häufigste Todesursache in der EU, zu deren bedeutenden Risikofaktoren zählt auch der Bluthochdruck. Dieser wiederum kann durch die Reduktion der mit der Nahrung aufgenommenen Menge an Kochsalz günstig beeinflusst werden. Eine einfache Verringerung des Salzgehaltes ist bei Fleischerzeugnissen jedoch nicht ohne weiteres möglich. Kochsalz liefert in Fleischwaren nicht nur eine wichtige geschmackliche Komponente, sondern wird auch als eine bedeutende Hürde für das Wachstum von Mikroorganismen angesehen. Weniger bekannt ist, dass der Salzgehalt auch eine bedeutende technologische Rolle spielt. Eine Unterschreitung der technologisch notwendigen  Mindestmenge  würde zwangsläufig die Entwicklung neuer Verarbeitungsverfahren nach sich ziehen müssen, wenn vergleichbare Textureigenschaften bei den Fleischprodukten erreicht werden sollten. 

Zur Reduzierung des Kochsalzgehalts in Kochschinken und Brühwurst soll im Projekt „Strategien zur Salzreduktion in Fleischwaren“ einerseits der Einsatz von Kochsalzersatzstoffen (Geschmacksverstärker, weitere Salze) und andererseits die Wirkung technologischer Verfahren wie die Hochdruckbehandlung untersucht werden. Zudem ist die Erarbeitung von anwendungsorientierten Grundlagen zur Herstellung qualitativ hochwertiger Fleischwaren mit einem deutlich reduzierten Kochsalzgehalt ein Ziel des Projektes.

Im ersten Projektteil steht die Beurteilung der Eignung verschiedener, kommerziell erhältlicher Kochsalzersatzprodukte für unterschiedliche Fleischerzeugnisse im Hinblick auf Technologie, Sicherheit und Haltbarkeit sowie der Sensorik und Qualität im Vordergrund. Potenzielle Ersatzsubstanzen für Natrium wären z. B. Kalium- oder Kalziumverbindungen. Diese weisen zwar eine gewisse Salzigkeit auf, bedingen jedoch zugleich auch bittere oder metallische Geschmacksnoten.

Die hierzu beispielhaft an einer Brühwurst untersuchten, marktgängigen Kochsalzersatzprodukte enthalten u.a. Kalium-, Magnesium- oder andere Natriumsalze. Hieraus ergeben sich dann auch zum Teil deutlich unterschiedliche Gehalte an Natrium und Chlorid im Endprodukt. Zwischen den einzelnen Chargen werden zwar gewisse Unterschiede hinsichtlich der chemisch-physikalischen Eigenschaften wie pH-Wert, Festigkeit und der oxidativen Stabilität, sowie der Mikrobiologie als auch der Farbe festgestellt. Die Ausprägung ist jedoch nur gering, so dass man keine wesentliche Qualitätseinbuße hinsichtlich dieser Parameter verzeichnen kann. Beachtenswerte Differenzen treten jedoch bei den sensorischen Bewertungen der einzelnen Salzersatzprodukte auf. Sowohl das Empfinden der Salzigkeit als auch das Prüfmerkmal der „fehlenden Frische“ wurde bei bestimmten Salzersatzprodukten gegenüber der Kontrolle merklich nachteiliger bewertet. Interessanterweise, werden die geschmacklichen Unterschiede zwischen den mit Salzersatzprodukten und den traditionell hergestellten Produkten mit zunehmender Lagerdauer immer deutlicher.

Das Ziel des zweiten Projektteils ist die Untersuchung der sensorische Interaktionen zwischen den Geschmacksrichtungen salzig/umami, sowie salzig/kokumi. Die potenzielle Eignung verschiedener geschmacksverstärkender Stoffe wird zunächst mittels einer umfassenden Literaturrecherche erarbeitet. Die Wirksamkeit, gegebenenfalls in Kombination, wird anhand geeigneter Modellsysteme bestimmt und mathematisch analysiert. Dabei wird auch ein Überblick über antagonistische und synergistische Effekte der Umami/Kokumi-Rezeptor stimulierenden Substanzen auf die Salzigkeit in Fleischerzeugnissen geschaffen.

Sensorischen Experimente, basierend auf  einer Gemüsebrühe als Referenzsystem, demonstrieren  die Wechselwirkungen zwischen den Umami-Referenzsubstanzen Natrium-, Kalium-, und  Kalziumglutamat und Kochsalz (NaCl). Die Versuche zeigen deutlich die Bedeutung der Geschmacksrichtung umami für ein positives Geschmackserlebnis. So kann bei ausschließlicher Verwendung von on NaCl als Würzstoff kein positiver Gesamteindruck erreicht werden. Erst durch die Zugabe moderater Mengen von Glutamat (0,2%) kann, unabhängig vom Gegen-Ion (Natrium, Kalium oder Kalzium), eine positive Bewertung beobachtet werden. Bei einem Zusatz von 0,75 Prozent Natriumglutamat lässt sich eine Reduktion von ca. 9 Prozent Natrium (bezogen auf die Kontrolle ohne Zusatz) erzielen. Bei ebenfalls positivem Gesamteindruck kann durch Kalziumdiglutamat und Kaliumglutamat (bezogen auf Natriumglutamat) weitere Reduktionen um 11 Prozent bzw. 30 Prozent erreicht werden. Analoge Experimente mit verschiedenen  Inosinaten werden derzeit durchgeführt. Drei der bisher im Gemüsebrühen Modell getestete kokumi-vermittelnden Peptide (Glutathion, -glutamyl-Leucin, und -Methionin) weisen kein Potential zur Natriumreduktion auf.

Es wird seit langem vermutet, dass die bei der Hochdruckbehandlung von Lebensmitteln induzierten molekulare Veränderungen in der Lage sind, den Salzgeschmack von Produkten zu erhöhen. Hierzu liegen jedoch nur wenige konkrete Untersuchungen vor und die Mechanismen auf denen  dieser Zusammenhang beruhen soll, sind weitgehend unbekannt. Im dritten Projektteil wird die Frage angegangen, um mehr Klarheit in den eventuellen Einsatz einer derartigen Behandlung bei Fleischwaren zu bringen. Dazu werden die Zusammenhänge zwischen Druckhöhe, Temperatursteuerung, Behandlungszeit und Salzgehalt analysiert. Zudem wird die lokale Konzentration bzw. Verteilung von freien und gebundenen Na+- und Cl--Ionen sowie die Interaktion dieser Ionen mit den Proteinen der Fleischmatrix untersucht. Die mögliche Entstehung von niedermolekularen, geschmacksbeeinflussenden Verbindungen (Peptide, Purine) infolge einer Hochdruckbehandlung verschiedener Fleischerzeugnisse soll bei einem bestätigten positiven Effekt ebenfalls bestimmt werden. Leider zeigen die bisher durchgeführten Untersuchungen keine Wirkung der Hochdruckbehandlung auf die sensorische Wahrnehmung der Salzigkeit in Kochschinken. Erst nach einer Ausweitung der zu untersuchenden Produktpalette auf Lachsschinken konnte vom Sensorikpanel eine erhöhte Salzigkeit im Anschluss an die Hochdruckbehandlung bestätigt werden.