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Aktuelle Datenlage und Forschungen zu „Bovine Meat and Milk Factors“ (BMMF) am Max Rubner-Institut

Vor zwei Jahren stellte das Max Rubner-Institut seine zusammen mit dem Bundesinstitut für Risikobewertung verfasste Stellungnahme zu den „Bovine Meat and Milk Factors“ (BMMF) ins Internet. Seitdem wurden am Institut einige Aspekte der damals angesprochenen Thematik bearbeitet. An dieser Stelle werden die aktuelle Datenlage und die Forschungsaktivitäten, die zu diesem Thema am Max Rubner-Institut durchgeführt werden, beschrieben.

Basierend auf den damals vorliegenden Daten wurde 2019 eine gemeinsame Stellungnahme des BfR und des MRI mit dem Titel „Neuartige Erreger in Rind und Kuhmilchprodukten: Weitere Forschung notwendig“ verfasst. Dort wurden noch offene Fragen thematisiert, die für eine sichere Einschätzung des Risikos, das von BMMF ausgeht, geklärt werden müssen. Einem Teil dieser Fragen hat sich das Max Rubner-Institut angenommen. Aktuell laufen am Institut Untersuchungen, die sich mit dem Vorkommen der BMMF in Lebensmitteln, der Infektiosität der BMMF und einer möglichen Inaktivierbarkeit von BMMF in Lebensmitteln befassen. Sobald die Untersuchungsergebnisse dieser Studien vorliegen, soll eine neue Risikobewertung zusammen mit dem BfR durchgeführt werden.

Bereits 2010 wurde von Laura Manuelidis die sogenannte SPHINX DNA beschrieben, zu denen die später beschriebenen BMMF eine sehr hohe Sequenzidentität aufweisen und deshalb zunächst als Sphinx related DNA bezeichnet wurden. Die SPHINX DNA wurde aus TSE (Transmissible Enzephalopathie) assoziierten Zellen und aus entsprechendem Gewebe isoliert. In weiteren Studien untersuchte Manuelidis das Vorkommen des putativen Replikationsproteins (Rep-Protein), das von der SPHINX DNA kodiert wird, und konnte dieses mittels monoklonaler Antikörper gegen das putative Rep-Protein in verschiedenen menschlichen aber auch tierischen Zellen bzw. Geweben (pankreatische Inselzellen, Keratinozyten, Nierentubuli, neuronale Geweben, humane Eizellen) nachweisen (Szigeti-Buck und Manuelidis 2019, Manuelidis 2019). Sie stellte die These auf, dass die SPHINX DNA nicht nur durch Umwelteinflüsse aufgenommen, sondern auch über die Eizelle vererbt wird und dass das Rep-Protein ein möglicher Akteur bei der progressiven Neurodegeneration ist.

Eine aktuelle Publikation des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) beschreibt, dass sich in der Umgebung von Darmkrebstumoren das in den BMMF, ähnlich wie im Fall der SPHINX DNA, kodierte Rep-Protein nachweisen lässt, nicht jedoch im Krebsgewebe selbst (Bund et al. 2021). Auch entzündungsfördernde Makrophagen konnten in unmittelbarer Nähe zu den BMMF nachgewiesen werden. Der Anteil an reaktiven Sauerstoffverbindungen war in dieser Umgebung ebenfalls erhöht und weist laut DKFZ auf entzündliche Prozesse hin.

Beide Arbeitsgruppen kommen zu dem Schluss, dass das mit BMMF und SPHINX DNA-assoziierte Rep-Protein mit entzündlichen bzw. neurodegenerativen Geweben assoziiert ist und somit eine Beteiligung an diesen Prozessen möglich ist. Es fehlen aber weiterhin eindeutige Hinweise darauf, ob die SPHINX oder die BMMF DNA einen kanzerogenen oder neurodegenerativen Prozess im Menschen tatsächlich auslösen kann. Ein wichtiger bisher ungeklärter Punkt ist die Abstammung der SPHINX oder BMMF DNA. Es ist immer noch unklar, ob die DNA aus einem Organismus, etwa einem Bakterium, Virus oder virenähnlichen Erreger, stammt oder ob sie natürlicher Bestandteil unserer DNA ist.

Des Weiteren fehlen stichhaltige Nachweise über die Quelle der SPHINX oder BMMF DNA. Das DKFZ vermutet das die BMMF nur mit Nachfahren der Auerochsen assoziiert sind. Unabhängig davon, ob epidemiologischen Studien Unterschiede beim Krebsvorkommen in Bezug auf den Verzehr von Zebus oder Yaks im Vergleich zu den von Auerochsen abstammenden Rinderrassen zeigen, fehlen bisher Untersuchungen, ob BMMF tatsächlich in Zebus oder Yaks vorkommen.

Die vom MRI initiierten aktuellen Studien werden die Assoziation von SPHINX DNA bzw. BMMF mit verschiedensten Lebensmitteln umfangreich untersuchen sowie erste Einblicke in deren natürliche Infektiosität geben. Sobald ausreichend Daten vorliegen, soll eine weitere Stellungnahme in Zusammenarbeit mit dem BfR veröffentlicht werden. Die bisherigen Empfehlungen zur Prävention (siehe Stellungnahme BfR/MRI 2919) gelten weiterhin.

Literatur

  • Manuelidis L. Nuclease resistant circular DNAs copurify with infectivity in scrapie and CJD. J Neurovirol. 2011 Apr;17(2):131-45.
  • Manuelidis L. Prokaryotic SPHINX 1.8 REP protein is tissue-specific and expressed in human germline cells. J Cell Biochem. 2019 Apr;120(4):6198-6208.
  • Szigeti-Buck K, Manuelidis L. Prokaryotic SPHINX replication sequences are conserved in mammalian brain and participate in neurodegeneration. J Cell Biochem. 2019 Oct;120(10):17687-17698.
  • Bund T, Nikitina E, Chakraborty D, Ernst C, Gunst K, Boneva B, Tessmer C, Volk N, Brobeil A, Weber A, Heikenwalder M, Zur Hausen H, de Villiers EM. Analysis of chronic inflammatory lesions of the colon for BMMF Rep antigen expression and CD68 macrophage interactions. Proc Natl Acad Sci U S A. 2021 Mar 23;118(12)