Intensivierte Stillförderung als präventive Maßnahme für Mutter und Kind
Reduktion der Folgerisiken von Adipositas in der Schwangerschaft
Adipositas und Störungen des Blutzucker-Stoffwechsels in der Schwangerschaft können langfristige gesundheitliche Folgen für Mutter und Kind haben. Bei betroffenen Frauen mit einem erhöhten HbA1c-Wert (glykiertes Hämoglobin) steigt – auch bei negativem Test auf Schwangerschaftsdiabetes – das Risiko, nach der Geburt des Kindes an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Ebenso entwickeln die Kinder dieser Frauen später oft selbst Übergewicht. Durch Stillen lassen sich die Risiken für solche Folgen senken. Dennoch sind insbesondere bei Frauen mit einem erhöhten Body Mass Index (BMI) die Stillraten niedrig und die Stilldauer kurz. In der BEARR-Studie (Breastfeeding EducAtion for Risk Reduction) wurden deshalb die Effekte einer intensivierten Stillförderung bei Frauen mit einem BMI von 30 kg/m² oder mehr auf Stillrate, Stilldauer und Gesundheitsrisiken untersucht.
Adipositas – definiert als BMI von 30 kg/m² oder mehr – und Übergewicht sind ein weltweites Problem. Zu den gesundheitlichen Folgen zählen unter anderem Insulinresistenz und Typ-2-Diabetes. In Deutschland sind laut Daten der Bundesauswertung „Perinatalmedizin“ 44 Prozent der Schwangeren bei Erstuntersuchung übergewichtig, fast ein Fünftel leidet an Adipositas.
BEARR-Studie zur Stillförderung bei Frauen mit Adipositas
BEARR steht für Breastfeeding EducAtion for Risk Reduction und ist ein Kooperationsprojekt des MRI und der Universitäten in München. Im Rahmen dieser randomisierten kontrollierten Interventionsstudie (Randomized Controlled Trial, RCT) wurden Frauen mit einem BMI von 30 kg/m² oder mehr nach der Geburt beim Stillen begleitet und unterstützt („Still-Coaching“). Die Ergebnisse sollen zeigen, ob eine intensivierte Stillförderung bei Frauen mit Adipositas zu einer höheren Stillrate (zwei Wochen nach der Geburt) oder verlängerten Stilldauer (für ausschließliches oder volles Stillen) beitragen kann. Außerdem soll untersucht werden, ob sich durch Stillen die mütterlichen Risiken für Typ-2-Diabetes und seiner Vorstufen sowie das kindliche Risiko für eine rasche Gewichtszunahme im ersten Lebenshalbjahr senken lassen.
Ablauf der BEARR-Studie
Die Aufnahme der Teilnehmerinnen in die Studie erfolgte durch die Kooperationspartner in vier Geburtskliniken der Ludwig-Maximilians-Universität und der Technischen Universität München. Dabei wurden Schwangere mit einem BMI von 30 kg/m² oder mehr zufällig der Interventions- oder Kontrollgruppe zugeordnet.
Allen Teilnehmerinnen wurde vor der Geburt ein Flyer mit Informationen zum Stillen ausgegeben. Frauen der Kontrollgruppe erhielten die Standardversorgung; Teilnehmerinnen der Interventionsgruppe wurden zusätzlich intensiv zum Stillen beraten. Die Beratungsgespräche fanden in drei persönlichen und acht telefonischen Einheiten bis zum fünften Monat nach der Geburt statt und wurden von zertifizierten Laktationsberaterinnen geführt.
Reduktion der Folgerisiken bei Mutter und Kind
Das Institut für Kinderernährung am MRI analysiert die Daten und ist für die Interpretation und Veröffentlichung der Ergebnisse zuständig. Verlief die Intervention erfolgreich, wird erwartet, dass mehr Frauen mit Adipositas anfingen zu stillen und länger ausschließlich oder voll gestillt haben, wodurch sich das Risiko für die Entwicklung eines mütterlichen Prädiabetes oder Typ-2-Diabetes und eine übermäßige kindliche Gewichtszunahme im ersten Lebenshalbjahr vermindert.